In der Zeitarbeitsbranche gibt es nach der Corona-Pandemie endlich wieder Licht am Ende des Tunnels. Im Jahr 2020 musste die deutsche Zeitarbeitsbranche einen großen Rückgang der vermittelten Zeitarbeitnehmer verzeichnen. Dieser Rückgang belief sich auf rund 15,5 % und ist in erster Linie auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen. Für das Jahr 2021 halten Experten der Branche jedoch einen deutlichen Anstieg der vermittelten Arbeitskräfte für wahrscheinlich. Konkret rechnen die Zeitarbeitsbranchen mit einem Anstieg von 11,6 % über alle Branchen hinweg. Dies besagt zumindest das Ergebnis einer aktuellen Umfrage.
Im Einzelfall prognostizieren die Zeitarbeitsfirmen sogar eine noch höhere Wachstumsrate. Die besagte Studie „Zeitarbeitsbranche aktuell 2021“ wurde von der Wirtschaftsprüfung und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland durchgeführt. Hierzu wurden rund 300 deutsche Zeitarbeitsunternehmen befragt. Alle Zeitarbeitsfirmen wiesen dabei einen Umsatz zwischen einer halben Million und 3 Milliarden € auf. Mit rund 30 % kann hier von einer soliden Rücklaufquote gesprochen werden. Der positive Trend ist gleichzeitig auch ein gutes Zeichen für andere Branchen, da die Zeitarbeitsbranche als frühzyklischer Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung über alle Branchen hinweg bekannt ist.
Zeitarbeitsbranche: 2021 Trendumkehr
Aus den zuvor genannten Studienergebnissen ergibt sich berechtigterweise die Frage, inwieweit der Rückgang der vermittelten Zeitarbeitnehmer auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Um eine Einschätzung für diese Frage abgeben zu können, müssen wir einen Blick auf die Zahlen der Vorjahre werfen. Daraus ergibt sich, dass bereits im Jahr 2019 ein Rückgang der Zeitarbeitnehmer im Vergleich zum Vorjahr festgestellt werden konnte. Dieser belief sich auf rund 11 %.
Im Jahr 2020, als die Corona-Pandemie erstmalig ihren wirtschaftlichen Höhepunkt erreicht hat, ging die Anzahl der vermittelten Zeitarbeiter von 895.000 auf 750.000 zurück, was einem minus von ca. 11 % entspricht. Das Marktvolumen der Zeitarbeitsbranche hat sich seit dem Jahr 2018 um rund ein Viertel reduziert. Bei der Befragung nannten 94 % aller Unternehmen als Grund den Ausbruch der Corona-Pandemie und der daraus entstehenden Folgen.
Zeitarbeitsfirmen sind zuversichtlicht
Inzwischen sind die meisten Zeitarbeitsfirmen aber wieder zuversichtlich. 69 % der befragten Unternehmen rechnen damit, dass sich die Branche spätestens bis zum Jahr 2022 erholt hat. Im Durchschnitt erwarten die Unternehmen ein Wachstum von 11,6 %. Für das Jahr 2022 sind die Erwartungen sogar noch höher: Hier rechnen Zeitarbeitsunternehmen sogar mit einem Anstieg von 18,6 %. Inzwischen hat sich die Zeitarbeit als systemrelevanter Sektor etabliert, weshalb die Zuversicht auf neues Wachstum groß ist. Wichtig ist dabei jedoch, dass die prognostizierte Wachstumsrate branchenspezifisch eingeordnet werden muss. Wie hoch die Wachstumsrate letztendlich ist, hängt also maßgeblich davon ab, auf welche Branche sich die Zeitarbeitsfirma fokussiert. Die Bandbreite reicht dabei von -10 bis +20 %.
Trotz aller Unterschiede gibt die Mehrheit der befragten Unternehmen jedoch eine sehr optimistische Prognose ab. Rund 48 % der Befragten geben an, dass sie die Eindämmung der COVID-19-Pandemie und einen damit einhergehenden Aufschwung der Branche für wahrscheinlich halten. Doch auch die flexible Gestaltung des Personalwesens und die damit verbundenen Personalkosten, die verbesserte Verfügbarkeit und Akquise von Fachkräften sowie die höhere Akzeptanz des Beschäftigungsmodells Zeitarbeit bringen laut der Befragten das Wachstum voran.
Corona-Verlierer: Gastronomie, Hotellerie und Tourismus
Die Gastronomie, Hotellerie und der Tourismus zählen zu den deutlichen Verlierern der Corona-Pandemie. Aufgrund der von der Regierung auferlegten Corona-Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie erlitten diese Branchen einen starken Umsatzverlust. Über mehrere Monate hinweg konnten sie den Betrieb entweder nur sehr eingeschränkt aufrechterhalten oder mussten diesen für einen langen Zeitraum komplett einstellen. Ein deutlicher Rückgang der eingesetzten Arbeitskräfte von Zeitabeitsunternehmen ist deshalb kaum verwunderlich. Im Jahr 2020 lag dieser Rückgang bei rund 69 %, da die Nachfrage nach Arbeitskräften hier im Allgemeinen sehr gering war. Der Tourismus verzeichnete dabei einen Rückgang von 53 %. Bei der Hotellerie lag der Rückgang bei rund 59 % und auch die Automobilindustrie musste einen Rückgang von 53 % der vermittelten Arbeitskräfte verzeichnen.
Ausnahme: Ärzte, Pflegekräfe und Bauindustrie sind gefragt
Eine Ausnahme bilden hier lediglich alle Sektoren aus dem medizinischen Bereich. Im Bereich der Zeitarbeit Pflege sowie der Weitervermittlung von Ärzten und Ärztinnen aus verschiedenen medizinischen Abteilungen sowie der Bauindustrie wurde im Jahr 2020 kein Rückgang, sondern sogar ein Zuwachs registriert. Diese Branchen benötigten im Jahr 2020 also mehr Arbeitskräfte aus Zeitarbeitsfirmen als im Vorjahr.
Zeitarbeitsbranche sucht Unabhängigkeit von der Automobilindustrie
Die Zahlen der Vermittlung von Zeitarbeitern sind in der Automobilindustrie auch unabhängig von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie rückläufig. Dies liegt in erster Linie an der Umstellung von herkömmlichen Benzinmotoren auf alternative Hybrid- und Elektroantriebe. Weltweit produzieren Automobilunternehmen weniger Fahrzeuge, weshalb auch weniger Arbeitskräfte benötigt werden. Somit sind die Zahlen in der Zeitarbeitsbranche eher rückläufig und das bereits seit dem Jahr 2019. Betroffen sind davon alle Abteilungen der gesamten automobilen Wertschöpfungskette. Das bedeutet, dass vom Rohstofflieferanten bis hin zum Automobilhändler hier also alle Branchen gleichermaßen betroffen sind. Die Corona-Pandemie hat diese schwierige Situation zusätzlich verschärft. Die Transformation der Automobilbranche wird Experten zufolge vermutlich noch länger andauern, weshalb sich Zeitarbeitsfirmen nun darum bemühen, mehr Unabhängigkeit von der Automobilbranche zu erlangen.
Personaldienstleistungsbranche setzt auf Digitalisierung, Spezialisierung und Präsenzkultur
Die Zeitarbeitsfirmen setzen nun alles daran, ihre Wettbewerbsfähigkeit zukünftig auch in wirtschaftlichen Krisensituationen zu sichern. Aus diesem Grund investieren nun mehr als zwei Drittel aller Befragten mehr Geld in die Digitalisierung. 68 % gaben an, dass sie in der Digitalisierung einen höheren Sicherheitsgrad sehen. 83 % der in der Studie befragten Unternehmen möchten aber trotz der Digitalisierung an physischen Standorten festhalten. Des Weiteren haben sich ebenfalls 68 % der befragten Zeitarbeitsfirmen angegeben, sich spätestens ab dem Jahr 2022 stärker auf Nischen spezialisieren zu wollen. Darüber hinaus möchten rund 61 % ihre Kostenstrukturen flexibler gestalten. Mit diesen Maßnahmen erhoffen sie sich einen weiteren Aufschwung der wirtschaftlichen Lage in der Zeitarbeitsindustrie.
Dr. Ralph Niederdrenk, ein Sprecher der PwC Deutschland betont, dass die schnell fortschreitende Digitalisierung, die Automatisierung von Prozessen sowie die flexible Gestaltung von Kostenstrukturen große Effizienzvorteile mit sich bringen und deshalb gerade im Jahr 2021 das Gebot der Stunde sind.
Fazit
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass viele Zeitarbeitsfirmen unter der Corona-Pandemie zwar gelitten haben, nun aber ein großer Aufschwung zu erwarten ist. Dieser Aufschwung ist jedoch auch in der Zeitarbeitsindustrie von der jeweiligen Branche abhängig, woraus sich große Schwankungen zwischen den einzelnen Zeitarbeitsfirmen ergeben.